Nobody is perfect
Nobody is perfect
Nemo Nobody ist im Jahr 2092 der letzte sterbliche Mensch auf der Erde. Von einem Arzt lässt er sich hypnotisieren, um noch mal seine Erinnerungen zu durchleben. Drei Frauen haben dabei sein Leben bestimmt: Anna (Diane Kruger), in die er unsterblich verliebt war, Elise (Sarah Polley) und Jeanne (Linh-Dan Pham), die er geheiratet und mit denen er Kinder hatte. Jared Leto und Diane Kruger im Talk über ihr gemeinsames Science-Fiction-Drama „Mr. Nobody“ (ab 08.07. im Kino).
Wie haben Sie Ihre Rollen bekommen?
Jared Leto: Ich sah den Regisseur Jaco Van Dormael zum ersten Mal in Utrecht. Ich spielte dort mit meiner Band „30 Seconds to Mars“, und erfuhr erst direkt bevor ich auf die Bühne ging, dass er kommen würde. Es war also ein ziemlich unerwartetes Treffen. Ich hatte aber sein Drehbuch schon Monate vorher gelesen und war hingerissen. Er war dann bei diesem ersten Treffen sehr freundlich und bescheiden, unglaublich interessant und gar nicht anmaßend. Er wirkte nicht wie ein Regisseur, eher wie ein Bildhauer. Ich sagte ihm, dass ich es sehr spannend fände, mit ihm zu arbeiten.
Diane Kruger: Ich bin durch Zufall in dieses Projekt hineingeraten. Ursprünglich sollte jemand anderer diese Rolle spielen. Dann wurde jedoch ich gefragt, und um mir einen ersten Eindruck zu verschaffen, ließ man mich eine Folge von Szenen sehen, die bereits gedreht worden war. Es waren Nemo und Anna als Kinder, und ich fand es großartig. Am nächsten Tag fuhr ich nach Belgien, um mit Jaco darüber zu reden. Wenn ich einen Regisseur für so ein Gespräch treffe, versuche ich, mich so anzuziehen, dass ich der Rolle möglichst ähnlich sehe. Bei Jaco wählte ich ein rotes Kleid. Als er mich sah, war er überwältigt: ohne es zu ahnen, hatte ich die Farbe rot gewählt, die er für Annas Universum geplant hatte. Das war der Anfang dieses Abenteuers.
Wie würden Sie ihre Rollen definieren?
JL: Nemo Nobody ist gleichzeitig jedermann und niemand. Er ist eine Illusion, ein Produkt seiner Träume. Er ist Liebe, er ist Hoffnung, er ist Furcht, er ist Leben und Tod. Zweifellos ist er die schwierigste Figur, die ich je spielen musste. Ich musste für die ganze Dauer der Dreharbeiten seine unterschiedlichen Lebenslinien in meiner Person konzentrieren, ohne mich dabei selbst zu verlieren. Aber wir hatten Skizzen und Leitfäden, die mir halfen, den Überblick zu behalten.
DK: Ich glaube, Anna ist die vollkommenste Figur von allen. Sie macht in keinem ihrer Leben Kompromisse. Sie hält ihr Versprechen bis zum Ende: sie wird nie jemand anderen als Nemo lieben. Sie ist vielleicht die Frau, die ich gern wäre …
Wie haben Sie sich vorbereitet?
JL: Ich benutzte hauptsächlich das Drehbuch. Ich verließ mich auf den Text und auf meine Vorstellungskraft. Diese ganzen Leben werden schließlich doch nur von einer einzigen Person gelebt. Nemo bleibt immer die selbe Person, auch wenn er verschiedene Leben führt. Letztlich wollte ich nicht 12 völlig verschiedene Personen spielen, sondern zwölf Versionen derselben Person, die sich jeweils durch die Entscheidungen ergeben, die diese Person für ihren Lebensweg trifft. Denn es ist ja wirklich dieselbe Person, nur in zwölf anderen Existenzen.
DK: Jaco erklärte mir detailliert, wie er sich die Figuren vorstellte. Er bestimmte die Welt jeder einzelnen Figur sehr präzise. Aber was mir besonders geholfen hat, Anna zu werden, waren die Äußerlichkeiten. Ich färbte mir die Haare brünett und trug Anna-Kleider. Dieses Mädchen ist sehr weit von meiner realen Persönlichkeit entfernt, das machte es mir nicht leicht, mich in sie zu verwandeln.
Was für Erfahrungen haben Sie während der Dreharbeiten gemacht?
JL:Es war so ein langer Dreh! Wenn man sechs Wochen lang einen Film dreht, muss man sein eigenes Leben natürlich auch zurücklassen, aber sechs oder sieben Monate sind trotzdem etwas anderes. Dazu kam, dass ich an manchen Tagen mit zehn oder mehr verschiedenen Nemo-Nobody-Persönlichkeiten jonglieren musste. Wenn ich zurückblicke, würde ich sagen, dass ich das eher nüchtern und wissenschaftlich angegangen bin. Aber ich konnte mich auch auf Jacos wachsames Auge verlassen, er begleitete und unterstützte mich mit einer Aufmerksamkeit, wie ich sie bis dahin noch nie kennengelernt hatte. Viele aus dem Team hatten bei Jacos anderen Filmen schon mitgearbeitet, am Set ging man familiär und respektvoll miteinander um. Es war wunderbar, zu dieser Familie zu gehören. Ich fand es wirklich toll.
DK: Die Stimmung war glücklich. Ich habe schon an vielen sehr freundlichen Sets gearbeitet, aber hier fand ich eine familiäre Zusammengehörigkeit vor, die mir völlig neu war. Jaco kennt die meisten seiner Techniker seit Jahren. Man hatte eigentlich nie das Gefühl, dass man überhaupt arbeitet. Ich blieb am Set, auch wenn ich gar nicht dran war, nur um den anderen zuzusehen oder mich mit ihnen zu amüsieren.
Welche Szene fürchteten Sie am meisten?
JL: Ich hatte am meisten Angst davor, den Nemo in der Ehe mit Sarah Polley zu spielen, denn diese Rolle ist am weitesten von meinen eigenen Erfahrungen entfernt. Ich selbst wurde noch nie emotional so ausgeschlossen, ich war nie so hilflos, wie er es mit dieser Frau ist. Die Szenen waren schwierig, denn ich wollte stärker sein, als Jaco das geschrieben hatte. Für ihn war dieser Nemo jemand, der nicht weiß, was er tun soll, oder wie oder wann er es tun soll, und der auch nicht weiß, was er sagen soll. Das fand ich ungeheuer schwer. Außerdem war es auch nicht einfach, einen Vater zu spielen. Ich weiß nicht genau, wie man das macht, denn ich habe keine eigenen Kinder. Ich war extrem nervös während dieser Szenen, aber Jaco war sehr geduldig und half mir darüber hinweg.
DK:Eine Herausforderung sind immer die Liebesszenen. Man gerät so leicht in ein Klischee. Für Anna gab es extreme Szenen, die entweder tragisch oder versöhnlich waren. Meine größte Angst war, dass wir dabei übertreiben.
An welchen Moment aus dieser Zeit denken Sie am liebsten?
JL: Es gibt so viele davon. Wir drehten in Brüssel, in Antwerpen, in Montreal, in London und Berlin. Es war das Abenteuer meines Lebens! Es war wirklich ein besonderes Projekt, so etwas kommt bestimmt nie mehr des Weges. Ich werde Jaco immer für diese Reise dankbar sein. Und ich hoffe, dass der Film genau so wird, wie er ihn sich erträumt hat. Es war ein Vergnügen mit ihm zu arbeiten. Wenn Jaco glücklich ist, bin ich es auch.
DK: Der unvergesslichste unter den vielen schönen Momenten, die ich erlebte, war an meinem letzten Drehtag. Jared hatte noch ein paar Tage vor sich, Sarah und Linh-Dan waren schon abgereist, ich war das letzte Mädchen, das vom Set ging. Jaco weinte, und Philippe Godeau war sehr traurig. Es war so bewegend, ich werde das nie vergessen.